Wer gerne fotografiert oder malt oder sich für Bildende Kunst interessiert, wird in den letzten Monaten auf die Bilderstellung mit Künstlicher Intelligenz (Artificial Intelligence, AI) aufmerksam geworden sein. Mit DALL-E und Midjourney sind zwei Plattformen populär geworden, die relativ leicht zugänglich sind und teilweise erstaunliche Ergebnisse erzeugen.
In beiden Plattformen gibt man im sog. Prompt eine verbale Beschreibung des Bildes ein, welches erzeugt werden soll. Es ist auch möglich, Bilddateien als Inspiration für die AI-Generatoren hochzuladen. Mit den Prompts muss man eine Weile experimentieren, das ist eher eine Programmiersprache für die AI als eine umgangssprachliche Beschreibung. Auf den Plattformen kann man die Bilder anderer Nutzer sehen und die Prompts, die sie verwendet haben. Es gibt Seiten für den Austausch von Prompts, für die programmgesteuerte Generierung von Prompts und man kann Prompts auch kaufen.
Die Implikationen der AI-Bilderstellung sind vielfältig und man versteht sie besser, wenn man die Systeme etwas genauer kennengelernt hat. In die AI-Generation fliessen mindestens indirekt Werke anderer Künstler ein. Man kann z.B. bei der Erstellung eines Bildes den Stil eines Künstlers angeben, der kopiert werden soll, also z.B. Marc Chagall.
In das Bildarchiv der Systeme und ihr Maschinenlernen fliessen viele Bilder ein, an denen Künstler lange gearbeitet haben. Ihre Urheberrechte sind mindestens indirekt betroffen. Allerdings würde das auch für einen menschlischen Künstler gelten, der in seiner Ausbildung Inspirationen aufnimmt oder sogar Teile eines Stils kopiert.
Die Ergebnisse der AI-Bildgenerierung sind in keiner Weise geschützt. Der „Autor“ kann seine Prompts bei Weiterverwendung verbergen. Er kann die Bilder auf T-Shirts drucken lassen oder in Präsentationen verwenden. Häufig werden die Bilder nochmal in Photoshop weiterverarbeitet. Mein Neffe fragte mich: „Bist Du Dir sicher, dass Du diese Bilder geschaffen hast?“. In unmittelbarem Sinne bin ich mir sicher. Aber in einem weiteren Sinne bleibt unklar, wer hier der Autor ist oder ob es einen solchen gibt.
Der Markt für Gebrauchskunst wird sich durch die AI-Bilderstellung verändern. Ich habe in der Vergangenheit gelegentlich Künstlerinnen beauftragt, für mich etwas zu zeichnen, aus Deutschland, Brasilien, Indien (z.T. über Fiverr). Die Ergebnisse habe ich als Geschenk oder in Präsentationen verwendet. Für eine Präsentation auf Tableau Public brauchte ich neulich ein Bild, welches den sprichwörtlichen Kanarienvogel im Kohlenbergwerk symbolisieren sollte. In DALL-E konnte ich ein geeignetes Bild in 5 Minuten erzeugen. Es wird aber auch Künstler geben, die ihrerseits Gebrauch von AI-Bilderstellung machen.
Für den Kunstmarkt muss man wenig Konsequenzen erwarten. Hier geht es ja primär um den erwarteten Wertgewinn von Kunstwerken, der ist bei AI-Produkte nahe Null. Interessant wären evtl. NFTs mit modifizierten AI-Bildern.
Im Hauptmenü dieses Blogs gibt es jetzt einen Eintrag AI, da wird es bald auch einige Aktualisierungen geben. Die Bildererstellung mit AI hat einen beträchtlichen Suchtfaktor. Übrigens sind nicht nur Bildende Künstler von AI betroffen, sondern auch Sprecher. Es gibt Plattformen die bereits heute recht erfolgreich menschliche Stimmen synthetisieren, z.B. Descript.
Diese Bilder wurden mit Midjourney geschaffen:
Diese Bilder wurden mit DALL-E geschaffen: